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BGH zur Darlegungslast des Anschlussinhabers für durch Familienangehörige begangene Urheberrechtsverletzungen

Kategorien: News, Urheberrecht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einem Urteil mit der Frage beschäftigt, ob der Inhaber eines Internetanschlusses für von Ehegatten oder Familienangehörigen begangene Urheberrechtsverletzungen haftet.
In der Entscheidung des BGH ging es um die Reichweite der dem Inhaber eines Internetanschlusses im Falle einer über seinen Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung obliegenden sekundären Darlegungslast.

Der BGH hat dazu entschieden, dass bei der Bestimmung der Reichweite der dem Inhaber eines Internetanschlusses im Falle einer über seinen Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung obliegenden sekundären Darlegungslast zur Nutzung des Anschlusses durch andere Personen auf Seiten des Urheberrechtsinhabers die Eigentumsgrundrechte gemäß Artikel 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu berücksichtigen sind. Handele es sich bei den Personen, die den Anschluss mitgenutzt haben, um den Ehegatten oder Familienangehörige, so wirke zugunsten des Anschlussinhabers der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Artikel 7 EU- Grundrechtecharta, Artikel 6 Abs. 1 GG). Außerdem wäre es dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses regelmäßig nicht zumutbar, die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können. Ebenfalls unzumutbar wäre es regelmäßig, dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen.

BGH, Urteil vom 06.10.2016 (Az. I ZR 154/15 – „Afterlife“)

Anmerkung: Der BGH hat in dieser Entscheidung die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers konkretisiert, wenn Internetanschlüsse auch von Familienangehörigen genutzt werden. Die Entscheidung ist schon deshalb zu begrüßen, weil der BGH darin anerkennt, dass eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers jedenfalls nicht so weit gehen darf, dass damit ein unzumutbarer Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich von Ehe und Familie verbunden ist. Einen „Freibrief“ für illegales Filesharing stellt die Entscheidung indessen nicht dar, denn der BGH nimmt mit seiner Entscheidung zwar bewusst in Kauf, dass seine Entscheidung den Nachweis von Urheberrechtsverletzungen in bestimmten Fällen erschwert, die Entscheidung bedeutet aber nicht, dass für Anschlussinhaber der bloße Verweis auf eine mögliche Nutzung des Internetanschlusses durch Familienangehörige ausreicht, der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers zu entsprechen.

EuGH zu Rechtswahlklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Online-Shops

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich einem Urteil mit der Zulässigkeit von so genannten Rechtswahlklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Online-Shops beschäftigt.

In der Entscheidung des EuGH ging es um die Klausel in den AGB von Amazon, dass auf die vertraglichen Beziehungen von Amazon zu den Kunden von Amazon ausschließlich luxemburgisches Recht anwendbar sein sollte.

Der EuGH hat dazu entschieden, dass eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Gewerbetreibenden enthaltene Klausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde und nach der auf einen auf elektronischem Weg mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrag das Recht des Mitgliedstaats anzuwenden ist, in dem der Gewerbetreibende seinen Sitz hat, missbräuchlich ist, sofern sie den Verbraucher in die Irre führt, indem sie ihm den Eindruck vermittelt, auf den Vertrag sei nur das Recht dieses Mitgliedstaats anwendbar, ohne ihn darüber zu unterrichten, dass er nach Art. 6 Abs. 2 der Rom-I-Verordnung (Rom-I-VO; VO (EG) Nr. 593/2008) auch den Schutz der zwingenden Bestimmungen des Rechts genießt, das ohne diese Klausel anzuwenden wäre.

EuGH, Urteil vom 28.07.2016 (Az. C-191/15 – „Verein für Konsumenteninformation / Amazon EU Sàrl“)

Anmerkung: Auswirkungen auf die deutsche Rechtsprechung hat diese Entscheidung voraussichtlich nicht, denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits 2012 (BGH, Urteil vom 19. Juli 2012, Az. I ZR 40/11 – „Pharmazeutische Beratung über Call-Center“), ebenfalls unter Verweis auf die Rom-I-VO, im Fall einer ausländischen Versandapotheke, entschieden, dass derartige Rechtswahlklauseln inländische (deutsche) Verbraucher unangemessen benachteiligen können. Rechtswahlklauseln in AGB von Online-Shops, die eine ausschließliche Anwendbarkeit nationalen (deutschen oder ausländischen) Rechts regeln, sind und bleiben daher jedenfalls dann sehr riskant, wenn sich das Angebot eines Online-Shops auch an Verbraucher außerhalb des Landes richtet, in dem der Gewerbetreibende seinen Sitz hat. Wer eine solche Regelung in den AGB seines Online-Shops hat, setzt sich dadurch der Gefahr aus, aus wettbewerbsrechtlichen Gründen abgemahnt zu werden.