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YouTube, Facebook, Instagram & Co. – Influencer-Marketing und rechtliche Fallen

Unternehmen suchen immer häufiger neue Wege, um ihre Produkte zu vermarkten. Ein Vermarkungstool ist dabei häufig die Zuhilfenahme eines sogenannten „Influencer“. Influencer nennt man Personen, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens und damit verbundenen Glaubwürdigkeit in einem oder mehreren sozialen Netzwerken als Träger für Werbung und Vermarktung in Frage kommen (sogenanntes Influencer-Marketing).

Während der letzten Jahre wurde dieses Werbephänomen weitgehend frei von Beanstandungen im Markt zur Kenntnis genommen, Influencer und mit ihnen die werbenden Unternehmen fühlten sich mehr oder weniger frei in der Art und Weise Einbindung werblicher Inhalte. 

Dies ändert sich nun aber. Influencer selbst, aber auch die werbenden Unternehmen erfahren zunehmend leidvoll, dass die bislang oft übliche übergangslose Vermengung von Blog und Werbung mit Kennzeichnungspflichten für Werbung und dem Trennungsgebot kollidiert und rechtlich verfolgt werden kann und von Landesmedienanstalten und Verbänden mittlerweile auch wird.

I. Wo liegen die Probleme?

Häufig ist den noch verhältnismäßig jungen Bloggern nicht klar, welche rechtlichen Schranken es dabei zu beachten gibt. Dies ist auch kein Wunden, denn der Übergang von bloßen redaktionellen Tipps zu kennzeichnungspflichtiger Werbung ist fließend und für den juristischen Laien nicht einfach einzuschätzen. 

Aus diesem Grund haben auch die Landesmedienanstalten einen Leitfaden zur Werbekennzeichnung bei Social-Media-Angeboten erarbeitet um für einen korrekten Umgang mit werblichen Inhalten zu sensibilisieren. Die letzte Aktualisierung erfolgte im November 2018.

Hinter dem Leitfaden steht vereinfacht ausgedrückt das folgende Gebot: Die Trennung und Kennzeichnung von Werbung dient dem Erhalt der Medien- und Meinungsfreiheit, der Unabhängigkeit und Integrität medialer Angebote, der Glaubwürdigkeit und Authentizität der Anbieter und dem Schutz der Nutzer vor Irreführung. Sie ist im Telemediengesetz (TMG) und im Rundfunkstaatsvertrag (RStV) geregelt.

Leidvolle Erfahrung musste als einer der ersten der YouTuber Flying Uwe machen. Er wurde von der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein wegen Verstoßes gegen die Werbebestimmungen des RStV abgemahnt wurde, weil einzelne werbliche Videos seines YouTube-Kanals nicht als Werbung gekennzeichnet waren und musst deshalb wegen Schleichwerbung 10.500,00 EUR Bußgeld zahlen. 

Ein weiteres, diesmal kleineres, Bußgeld in Höhe von 1.050,00 EUR wurde Ende 2017 gegen den Blogger ApoRed von der Landesmedienanstalt festgesetzt, weil er auf seinem YouTube-Kanal kein ordnungsgemäßes Impressum vorhielt.

Aber nicht nur die Landesmedienanstalten „kümmern“ sich vermehrt um diese Fälle Mit zwei obergerichtlichen Entscheidungen zur ungenügenden Kennzeichnung von Werbung durch Influencer im Jahr 2017 erreicht das Thema über das Lauterkeitsrecht erstmals auch die werbenden Unternehmen selbst. 

Des Weiteren steht demnächst wohl die Entscheidung des Landgericht München in Sachen Cathy Hummels bevor und damit verbunden die Frage, ob die Fußballergattin auf ihrem Instagram-Account Werbung für Firmen gemacht haben, ohne diese als solche zu kennzeichnen

Neben dem Fall Cathy Hummels ist ein weiteres prominentes Influencer-Verfahren vor deutschen Gerichten anhängig: Das Landgericht Karlsruhe will am 21. März 2019 sein Urteil im Fall Pamela Reif verkünden.

II. Die rechtlichen Rahmenbedingungen im Überblick

Als Telemedien unterliegen Beiträge von Influencern in sozialen Netzwerken dem Regelungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) und dem Telemediengesetz (TMG). Daneben finden die allgemeinen Vorschriften des Lauterkeitsrechts Anwendung (insbesondere §§ 5, 5 a, 6 Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb – UWG). 

Gemäß § 58 Abs. 1 RStV muss Werbung in Telemedien als solche klar und eindeutig erkennbar und vom übrigen Inhalt eindeutig getrennt sein. Die aus dem Rundfunk- und Presserecht übernommene strikte Trennung von redaktionellen und kommerziellen Inhalten („Trennungsgebot“) ist für Telemedien zusätzlich auch in § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG normiert. Eine Nicht-Kenntlichmachung von kommerziellen Inhalten stellt zudem eine unlautere Handlung im Sinne des UWG dar. 

Darüber hinaus enthält der Rundfunkstaatsvertrag mit § 58 III RStV Regelungen ausschließlich für fernsehähnliche Telemedien. Dabei handelt es sich um audiovisuelle Mediendienste auf Abruf, bei dem der Nutzer zu einem von ihm gewählten Zeitpunkt aus einem vom Anbieter festgelegten Inhaltekatalog auswählen kann. 

Dies betrifft also im Wesentlichen Videoblogger, die ihre Videos auch nach der Sendung in ihrem Kanal zum Abruf vorhalten, wie dies z. B. bei YouTube üblich ist. Kurze Videosequenzen bei Instagram Stories oder Snapchat hingegen sind keine fernsehähnlichen Telemedien, hier werden also weniger strenge Maßstäbe angelegt. 

Neben Kennzeichnungs- und Trennungspflichten stößt gerade die werbliche Ansprache von Kindern (von oftmals ebenfalls minderjährigen Influencern) an rechtliche Grenzen. Dabei gilt es insbesondere das Verbot einer unmittelbaren Kaufaufforderung an Kinder zu beachten. 

Des Weiteren muss auch der Werbetreibende das allgemeine Irreführungsverbot (§ 5 UWG), das Verbot werblicher Belästigung (§ 7 Abs. 1 UWG) und die hinreichende Erkennbarkeit von Werbung (§ 5 a Abs. 6 UWG) beachten. Ein Verstoß gegen diese Bestimmungen kann bei den teils sehr jungen Followern schneller bejaht werden, da diese Regelungen bei geschäftlichen Handlungen gegenüber Kindern und Jugendlichen besonders streng auszulegen sind. 

Schließlich müssen auch die Vorgaben des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) zum Schutz der jugendlichen Zielgruppe beachtet werden, und Influencer müssen darauf achten, auch in den verschiedenen von ihnen genutzten Social-Media-Kanälen ein vollständiges Impressum (§ 5 TMG) vorzuhalten.

III. Kennzeichnungspflicht von Werbung in der jüngeren Rechtsprechung

Aufgrund des hohen Stellenwerts der Kenntlichmachung von Werbung entschied das OLG Celle (Urteil vom 08.06.2017, Az. 13 U 53/17), dass die Verwendung des Hashtags #ad unter einem Instagram-Beitrag nicht ausreicht, um den kommerziellen Zweck des Beitrags zu kennzeichnen. 

Ein bekannter Blogger bewarb eine Rabatt-Aktion einer Drogeriekette und kennzeichnete den Post nur mit dem Hashtag #ad, wobei dieser Hashtag an zweiter Stelle von insgesamt sechs Hashtags aufgeführt war. Gegen diese Form der Werbung wandte sich ein Verbraucherschutzverein, der die Drogeriekette wegen unzureichend gekennzeichneter Werbung gemäß § 5 a Abs. 6 UWG auf Unterlassung in Anspruch nahm. 

Nach Auffassung des OLG genügt eine solche Kennzeichnung zumindest dann nicht, wenn der Hashtag nur einer von vielen in einer Ansammlung von Hashtags und damit für den Verbraucher nicht auf den ersten Blick erkennbar sei. 

Anders als noch die Vorinstanz (LG Hannover, Urteil vom 08.03.2017, Az. 23 O 5/17) hielt das OLG es zudem nicht für hinreichend sichergestellt, dass sich schon durch die Gestaltung und Aufmachung des Beitrages der werbliche Charakter ergab, vor allem weil das OLG keinen nennenswerten Unterschied zu den anderen Beiträgen des Bloggers ohne kommerziellen Hintergrund erkannte.

Ähnlich entschied kurz darauf auch das Kammergericht Berlin, dass die fehlende werbliche Kennzeichnung von Beiträgen einer Influencerin bei Instagram als unlautere Schleichwerbung qualifizierte (Urteil vom 11.10.2017, Az. 5 W 221/17). Hier hatte sich an der Praxis der Bloggerin gestört, Produkte auf Fotos zu präsentieren und lediglich mit Verweisen auf die Herstellerseiten zu kennzeichnen. Das KG bestätigte einen Lauterkeitsverstoß gemäß § 5 a Abs. 6 UWG. 

Die Verweise auf die Herstellerseiten sprächen für die Annahme von Werbung. Es genüge dann nicht, dass der Verbraucher erst nach einer analysierenden Lektüre der Beiträge diese als Werbung möglicherweise erkenne. Auch zwei Posts, die durch die Verwendung der Hashtags „#ad“ und „#sponsoredby“ gekennzeichnet waren, erfüllten die rechtlichen Anforderungen nach Auffassung des Gerichts nicht. 

Das KG verwies dabei auf die Rechtsprechung des OLG Celle zu #ad sowie die des BGH zu #sponsoredby, wonach danach der Hinweis „sponsored by“ in Printmedien nicht ausreicht, um den Anzeigecharakter kenntlich zu machen, was das KG hier auch für Werbung in sozialen Netzwerken übernahm.

In einem weiteren Verfahren verurteilte das LG Hagen (Urteil vom 13.09.2017, Az. 23 O 30/17) das Modell Scarlett Gartmann, Freundin des BVB-Spielers Marco Reuss, zur Unterlassung. Gartmann postete auf ihrem privaten Instagram-Account Fotos, auf denen sie jeweils mit einer Uhr, einer Handtasche oder einem Getränk zu sehen war sowie jeweils einem entsprechenden Link, der bei einem Klick direkt zur Homepage des Herstellers führte. 

Ein Hinweis, dass es sich um Werbung handelte, gab es nicht. Wegen der fehlenden Kennzeichnung von Werbung nahm das LG Hagen einen Verstoß gegen das wettbewerbsrechtliche Schleichwerbeverbot in § 5 a Abs. 6 UWG an. 

Das LG Hagen wies aber auch noch auf einen weiteren Aspekt ausdrücklich hin: Da die Bloggerin auch jugendlichen Followern bekannt sei, müsse ein entsprechend strenger Maßstab an die Erkennbarkeit des werblichen Charakters einzelner Posts gestellt werden. 

Gerade für diese Zielgruppe sei das Vermischen von werbenden und privat-inhaltlichen Elementen nicht sofort erkennbar. Die hinzugefügten Zeichen wie @ oder # ließen den werbenden Charakter der Benennung der Produktnamen nicht als Werbung offensichtlich erscheinen.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass auch vom Influencer gesetzte Affiliate-Links, bei denen dieser nach einem Klick oder Kauf durch einen Follower eine Provision erhält, ebenfalls als Werbung zu kennzeichnen sind. 

IV. Besondere Vorsicht und Sorgfalt bei Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen

Wo Kinder und Jugendliche als junge Zielgruppe angesprochen werden, so ist immer deren Unerfahrenheit zu beachten. Junge Follower sind leichter zu täuschen und auszunutzen, weil sie den werblichen Charakter von Empfehlungen von Influencern möglicherweise nicht erkennen oder inhaltlich nicht bewerten können.

Sowohl der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) als auch die „Black-List“ im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG enthalten Vorschriften bzgl. der Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen. So darf etwa gemäß § 6 JMStV/Nr. 28 der Black-List Werbung Kinder nicht direkt zum Kauf von Waren und Dienstleistungen auffordern.

Auch hier ist die Grenze natürlich oft fließend. Allerdings hat der BGH bereits im Jahre 2013 eine (unzulässige) Ausrichtung der Werbung auf Kinder bejaht, wenn sie sprachlich von einer durchgängigen Verwendung der direkten Ansprache in der zweiten Person Singular und überwiegend von kindertypischen Begrifflichkeiten einschließlich gebräuchlicher Anglizismen geprägt wird (BGH Urteil vom 17.07.2013, Az. I ZR 34/12). 

Ansprachen wie „Kauf Dir …“ oder „Hol Dir …“, die Kinder nach der Rechtsprechung unzulässig auffordern, selbst die beworbenen Waren oder Dienstleistungen zu erwerben, fallen in einem Video-Blog-Beitrag recht schnell. Ein Influencer sollte sich deshalb der Macht seiner Worte bewusst sein und sie entsprechend sorgsam benutzen, will er nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten

V. Fazit 

Werbung muss für den Verbraucher klar, eindeutig und auf den ersten Blick erkennbar sein. Es genügt nicht, dass sich der werbliche Charakter eines Influencer-Beitrags erst aus der näheren Betrachtung im Vergleich zu anderen Posts ergibt. Es ist daher ratsam, jegliche werblichen Beiträge eines Influencers klar mit den deutschen Begriffen „Werbung“ oder „Anzeige“ zu kennzeichnen und diese als gesonderte Posts von rein redaktionellen Beiträgen zu trennen. Begriffe wie „ad“ oder „sponsored by“ sollten in Ansehung der bisherigen Rechtsprechung nicht verwendet werden. 

Werden schon mehrere Hashtags zur Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks verwendet, dann sollte bereits der erst Hashtag auf #Anzeige oder #Werbung lauten.

Wichtig ist, dass allen Beteiligten an einer Influencer-Marketing-Kampagne klar ist, dass der Influencer zunächst selbst verantwortlich für seinen Kanal und die Einhaltung des geltenden Rechts ist, er sich also nicht hinter dem Unternehmen, für das er die Kampagne fährt, verstecken kann. Daneben haftet aber auch das werbende Unternehmen selbst, hier kann also im Falle eines Verstoßes zwei Seiten Probleme drohen.

Um rechtliche Risiken für das werbende Unternehmen und den Influencer/die Influencerin zu minimieren, sollte jede geplante Kampagne und deren Umsetzung im Hinblick auf die jeweiligen Kanäle und die damit verbundenen rechtlichen Vorgaben überprüft werden.

Viele Influencer sind seit den neueren Entscheidungen bereits sensibilisiert, steht auch der Ruf einer ganzen Szene inklusive ihrer Agenturen und ein sehr lukratives Geschäftsmodell auf dem Spiel. Es ist zu erwarten, dass die Rechtsprechung weitere Entscheidungen in diesem Zusammenhang fällen wird, dabei dürften noch einige Überraschungen auf die Beteiligten zukommen.

Das Ende der Facebook-Fanpages? Neues Urteil des BVerwG könnte weitreichende Folgen haben

Wer eine gewerbliche Facebook-Fanpage betreibt, ist gemeinsam mit der Plattform für den Schutz der Besucherdaten verantwortlich. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) nun am 11. September 2019 entschieden. Dieses neue Urteil des BVerwG könnte weitreichende Folgen haben und könnte das Ende der Facebook-Fanpages bedeuten, denn hiervon sind quasi alle Unternehmen betroffen, die eine Facebook-Seite betreiben.

Das BVerwG hat entschieden, dass der Betreiber eines in Facebook unterhaltenen Unternehmensauftritts (Fanpage) verpflichtet werden kann, diese Fanpage abzuschalten, falls die von Facebook zur Verfügung gestellte digitale Infrastruktur schwerwiegende datenschutzrechtliche Mängel aufweist.

Gegenstand des Verfahrens war eine Anordnung der schleswig-holsteinischen Datenschutzbehörde, mit der die Klägerin, eine in Kiel ansässige Bildungseinrichtung, unter der Geltung der Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG) verpflichtet worden war, die von ihr bei Facebook betriebene Fanpage zu deaktivieren. Der Bescheid der Behörde beanstandete, dass Facebook bei Aufruf der Fanpage auf personenbezogene Daten der Internetnutzer zugreife, ohne dass diese gemäß den Bestimmungen des Telemediengesetzes (TMG) über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung sowie ein entsprechendes Widerspruchsrecht gegen die Erstellung eines Nutzungsprofils für Zwecke der Werbung oder Marktforschung unterrichtet würden. Ein gegenüber der Klägerin als Betreiberin der Fanpage erklärter Widerspruch des Nutzers bleibe mangels entsprechender technischer Einwirkungsmöglichkeiten folgenlos.

Die von dem Bescheid betroffene Bildungseinrichtung erhob gegen den Bescheid Klage, welche in den Vorinstanzen zunächst Erfolg hatte. Das Oberverwaltungsgericht hatte eine datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit der Klägerin abgelehnt, weil sie selbst keinen Zugriff auf die erhobenen Daten habe.

Auf Vorlage des BVerwG (Beschluss vom 25. Februar 2016 – BVerwG 1 C 28.14 https://www.bverwg.de/250216B1C28.14.0) hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 5. Juni 2018 – C-210/16 – entschieden, dass der Betreiber einer Fanpage für die durch Facebook erfolgende Datenverarbeitung mitverantwortlich ist. Denn er ermöglicht durch den Betrieb der Fanpage Facebook den Zugriff auf die Daten der Fanpage-Besucher.

Das Bundesverwaltungsgericht hat auf der Grundlage dieser bindenden Vorgabe das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Um das von der Datenschutzrichtlinie bezweckte hohe Datenschutzniveau möglichst zügig und wirkungsvoll durchzusetzen, konnte sich der Beklagte bei der Auswahl unter mehreren datenschutzrechtlichen Verantwortlichen vom Gedanken der Effektivität leiten lassen und ermessenfehlerfrei die Klägerin für die Herstellung datenschutzkonformer Zustände bei Nutzung ihrer Fanpage in die Pflicht nehmen. Die Datenschutzbehörde war nicht verpflichtet, gegen eine der Untergliederungen oder Niederlassungen von Facebook vorgehen, weil das wegen der fehlenden Kooperationsbereitschaft von Facebook mit erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Unsicherheiten verbunden gewesen wäre. Erweisen sich die bei Aufruf der Fanpage ablaufenden Datenverarbeitungen als rechtswidrig, so stellt die Deaktivierungsanordnung ein verhältnismäßiges Mittel dar, weil der Klägerin (der Datenschutzbehörde) keine anderweitige Möglichkeit zur Herstellung datenschutzkonformer Zustände offensteht.

Zur Frage der Rechtswidrigkeit der beanstandeten Datenverarbeitungsvorgänge bedarf es einer näheren Aufklärung der tatsächlichen Umstände durch das Berufungsgericht. Die Rechtmäßigkeit der bei Aufruf der klägerischen Fanpage ablaufenden Datenverarbeitungsvorgänge ist an den Vorgaben des im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung gültigen Datenschutzrechts, insbesondere an den Vorschriften des Telemediengesetzes, denen die Klägerin als Betreiberin unterliegt, zu messen.

Fazit: Das Urteil ist auch ein Warnschuss an Facebook. Denn es kann nicht im Interesse von Facebook sein, dass Unternehmen nun behördlich verpflichtet werden, Facebook-Fanpages abzuschalten, schließlich verdient auch Facebook damit gutes Geld. Man kann das Urteil so interpretieren, dass die Datenschutzbehörden nun freie Hand haben, Datenschutzverstöße (von Facebook) „auf dem Rücken der Unternehmen“ zu verfolgen. Inwieweit nun eine „Verbotswelle“ folgen wird, bleibt abzuwarten. Klar aber dürfte sein, dass durch diese Möglichkeit der Druck auf Facebook zunehmen wird, selbst auf die Einhaltung von Datenschutzregeln zu achten.

Urteil vom 11. September 2019 – BVerwG 6 C 15.18 –

Vorinstanzen: OVG Schleswig, 4 LB 20/13 – Urteil vom 04. September 2014- , VG Schleswig, 8 A 14/12 – Urteil vom 09. Oktober 2013 –

ZPÜ verlangt Händlerauskünfte für gebrauchte Tablets und PCs

Kategorien: Allgemein, Medienrecht, News, Urheberrecht Tags: 

Die Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) hat in den letzten Wochen Händler von Mobiltelefonen, Tablets und Computern (PCs) angeschrieben und von diesen so genannte Händlerauskünfte gefordert. Mit diesen Schreiben macht die ZPÜ Auskunftsansprüche nach § 54f Abs. 1 UrhG gegenüber den angeschriebenen Händlern geltend.

Derartige Schreiben werden von der ZPÜ in jedem Jahr an Hersteller, Importeure und Händler von Geräten und Speichermedien versandt.


Schreiben der ZPÜ an Reseller

Auffällig ist allerdings, dass die ZPÜ in diesem Jahr vermehrt auch solche Händler anschreibt, die mit gebrauchten Tablets und Computern handeln.

Der Hintergrund dafür dürfte der sein, dass die Schiedsstelle für Urheberrecht beim DPMA seit 2018 in diversen von der ZPÜ gegen Händler und Importeure vor der Schiedsstelle geführten Verfahren über die Angemessenheit der Höhe der von der ZPÜ auf Grundlage der von der ZPÜ aufgestellten Tarife geltend gemachten Urhebervergütungen entschieden hat.

Die ZPÜ ist mit der Höhe der von ihr beanspruchten Urhebervergütungen vor der Schiedsstelle zwar nicht durchgedrungen, die Schiedsstelle hat aber etwa für Tablets einen Vergütungssatz von EUR 4,00 pro Tablet in den von ihr entschiedenen Einigungsvorschlägen für angemessen gehalten. Darüber hatten wir bereits berichtet.

Die ZPÜ hat aber die Einigungsvorschläge der Schiedsstelle nicht akzeptiert und macht in bei dem zuständigen Oberlandesgericht München eingereichten Klagen gegen die betroffenen Händler und Importeure weiterhin die in den von ihr aufgestellten Tarifen festgesetzten Urhebervergütungen geltend. Es ist daher zu erwarten, dass in absehbarer Zeit gerichtliche Entscheidungen über die Angemessenheit der Höhe der von der ZPÜ beanspruchten Vergütungssätze vorliegen werden.


Abgabe von Händlerauskünften an die ZPÜ?

Insbesondere für Unternehmen, die mit gebrauchten Tablets und PCs handeln und zuvor noch nicht von der ZPÜ angeschrieben wurden, stellt sich daher jetzt die Frage, ob sie die von der ZPÜ verlangten Auskünfte abgeben wollen. Denn in dem Fall, dass die ZPÜ für vergangene Jahre nachträglich Vergütungen für die bereits verkaufte Tablets und PCs, aber auch für Mobiltelefone, einfordern sollte, können solche Forderungen Händler leicht in ihrer Existenz gefährden. Zudem setzen sich Händler im Falle der Nichtabgabe von Auskünften dem Risiko aus, dass die ZPÜ später auf Grundlage von § 54f Abs. 3 UrhG den doppelten Vergütungssatz verlangen wird.

Anmerkung:

Insbesondere für Unternehmen, die mit gebrauchten Tablets und PCs handeln, besteht eine ganz erhebliche Rechtsunsicherheit. Denn bislang ist nicht nur völlig offen, in welcher Höhe ggf. Urhebervergütungen auf Tablets und PCs anfallen werden. Offen ist auch, ob oder in welcher Höhe solche Vergütungen auf Gebrauchtware anfallen werden. Die ZPÜ hat bislang keine Tarife für gebrauchte Geräte aufgestellt, so dass die Bewertung und Erfassung von finanziellen Risiken für Händler derzeit außerordentlich schwierig ist.

Wer von der ZPÜ angeschrieben wurde, sollte sich daher unbedingt an einen mit der Materie vertrauten Anwalt wenden, der beurteilen kann, ob überhaupt eine Melde- oder Auskunftspflicht gegenüber der ZPÜ besteht und in welcher Höhe oder ob überhaupt eine Urhebervergütung zu zahlen sein wird.

Wir vertreten seit mehreren Jahren Händler und Importeure gegenüber der ZPÜ sowohl außergerichtlich, als auch in Schiedsstellenverfahren und vor Gericht.

Falls Sie von der ZPÜ angeschrieben wurden, sind wir gerne bereit, Sie anwaltlich zu beraten und zu vertreten.

Kein Vergütungsanspruch der ZPÜ für Business Tablets

Die Schiedsstelle für Urheberrecht beim DPMA hat in einem Einigungsvorschlag vom 18. Juni 2018 festgestellt, dass für Tablets, die von Verbrauchern für private Zwecke erworben werden, nur ein Tarif in Höhe von EUR 4,00 angemessen ist.
Weitergehende Vergütungsansprüche der Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) hat die Schiedsstelle zurückgewiesen und außerdem festgestellt, dass für so genannte Business Tablets keine Vergütung anfällt.

Einigungsvorschlag vom 18.06.2018, Az. Sch-Urh 106/16 (nicht rechtskräftig)

Worum ging es?

Die ZPÜ ist ein Zusammenschluss von Verwertungsgesellschaften, die urheberrechtliche Vergütungsansprüche der beteiligten Verwertungsgesellschaften, wie etwa der GEMA, für diese geltend macht um die Erlöse anschließend an die Verwertungsgesellschaften auszuschütten.

Gegenstand des Schiedsverfahrens waren von der ZPÜ gegen ein Großhandelsunternehmen, das mit Mobiltelefonen und Tablets handelt, geltend gemachte Ansprüche auf Zahlung einer Urhebervergütung nach §§ 54ff. UrhG.

Die ZPÜ hatte ihre Vergütungsansprüche auf ihren am 4. Januar 2016 im Bundesanzeiger veröffentlichten Tarif gestützt. Dieser Tarif sieht ab dem 1. Januar 2015 für Verbraucher Tablets ab einen Vergütungssatz von EUR 8,75 pro Tablet zzgl. 7% USt. und für Business Tablets einen Vergütungssatz von EUR 3,50 pro Tablet zzgl. 7% USt. vor.

Grundlage des von der ZPÜ aufgestellten Tarifs ist ein Gesamtvertrag über die Regelung der Vergütungspflicht für Tablets nach §§ 54ff. UrhG, den die ZPÜ sowie die VG Wort und die VG Bild-Kunst zuvor mit der BITKOM abgeschlossen hatten.
Die in diesem Verfahren von uns vertretene Antragsgegnerin war dem Gesamtvertrag der ZPÜ mit der BITKOM nicht beigetreten.

Die Entscheidung der Schiedsstelle

Die Schiedsstelle hat zur Berechnung einer „angemessenen Vergütung“ auf ein eigenes Berechnungsmodell abgestellt, das auf den Daten einer 2015 von der Schiedsstelle selber in Auftrag gegebenen empirischen Studie zur Nutzung von Tablets basiert.

Zu den im Gesamtvertrag Tablets vereinbarten Vergütungssätze der ZPÜ hat die Schiedsstelle in ihrem Einigungsvorschlag festgestellt, dass diese weder eine Bindungswirkung in Bezug auf die Antragsgegnerin entfalten könnten, noch dass deren Angemessenheit ohne Weiteres zu vermuten zu wäre.

Außerdem besteht laut der Schiedsstelle für so genannte Business Geräte kein Vergütungsanspruch der ZPÜ nach §§ 54ff. UrhG. Bei Business Geräten handelt es sich um Tablets, die von Unternehmen, Behörden und Bildungseinrichtungen für eigene gewerbliche oder hoheitliche Zwecke erworben werden.

Unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH, nach der die Ergebung von Urheberrechtsabgaben nicht umsatzsteuerpflichtig ist, hat die Schiedsstelle zudem auch die von der ZPÜ beantragte Erhöhung des Vergütungssatzes abgelehnt.

Anmerkung:

Die Entscheidung der Schiedsstelle ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung.

Die Schiedsstelle hat in ihrer Entscheidung zutreffend darauf verwiesen, dass nicht nachvollziehbar ist, wie der überhöhte Tarif für Tablets zwischen der ZPÜ und der BITKOM verhandelt wurde und ob dabei die gesetzlichen Vorgaben beachtet wurden. Laut der Schiedsstelle ist also schon nicht feststellbat, ob die darin aufgestellten Vergütungshöhen angemessen sind. Die ZPÜ war auch nicht willens, dies offenzulegen, und konnte auch keine andere Begründung dafür liefern, weshalb ihr Tarif eine angemessene Vergütung nach § 54a UrhG darstellen soll.

Begrüßenswert ist auch, dass die Schiedsstelle Vergütungsansprüche für Business Tablets verneint hat. Die Argumentation der Schiedsstelle dazu ist jedenfalls schlüssig und dürfte im Einklang mit der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH stehen.

Rechtssicherheit für Hersteller, Importeure und Händler von Tablets und Mobiltelefonen bietet der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle aber leider nicht. Denn der für Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH hat trotz aufgrund der EuGH Rechtsprechung zu Urhebervergütungen bestehender Zweifel daran, ob die deutschen gesetzlichen Regelungen der §§ 54ff. UrhG überhaupt im Einklang mit den Bestimmungen der EU-Urheberrechtsrichtlinie stehen, bislang abgelehnt, hierzu eine Vorlage an den EuGH zu stellen.