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Kein Vergütungsanspruch der ZPÜ für Business Tablets

Die Schiedsstelle für Urheberrecht beim DPMA hat in einem Einigungsvorschlag vom 18. Juni 2018 festgestellt, dass für Tablets, die von Verbrauchern für private Zwecke erworben werden, nur ein Tarif in Höhe von EUR 4,00 angemessen ist.
Weitergehende Vergütungsansprüche der Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) hat die Schiedsstelle zurückgewiesen und außerdem festgestellt, dass für so genannte Business Tablets keine Vergütung anfällt.

Einigungsvorschlag vom 18.06.2018, Az. Sch-Urh 106/16 (nicht rechtskräftig)

Worum ging es?

Die ZPÜ ist ein Zusammenschluss von Verwertungsgesellschaften, die urheberrechtliche Vergütungsansprüche der beteiligten Verwertungsgesellschaften, wie etwa der GEMA, für diese geltend macht um die Erlöse anschließend an die Verwertungsgesellschaften auszuschütten.

Gegenstand des Schiedsverfahrens waren von der ZPÜ gegen ein Großhandelsunternehmen, das mit Mobiltelefonen und Tablets handelt, geltend gemachte Ansprüche auf Zahlung einer Urhebervergütung nach §§ 54ff. UrhG.

Die ZPÜ hatte ihre Vergütungsansprüche auf ihren am 4. Januar 2016 im Bundesanzeiger veröffentlichten Tarif gestützt. Dieser Tarif sieht ab dem 1. Januar 2015 für Verbraucher Tablets ab einen Vergütungssatz von EUR 8,75 pro Tablet zzgl. 7% USt. und für Business Tablets einen Vergütungssatz von EUR 3,50 pro Tablet zzgl. 7% USt. vor.

Grundlage des von der ZPÜ aufgestellten Tarifs ist ein Gesamtvertrag über die Regelung der Vergütungspflicht für Tablets nach §§ 54ff. UrhG, den die ZPÜ sowie die VG Wort und die VG Bild-Kunst zuvor mit der BITKOM abgeschlossen hatten.
Die in diesem Verfahren von uns vertretene Antragsgegnerin war dem Gesamtvertrag der ZPÜ mit der BITKOM nicht beigetreten.

Die Entscheidung der Schiedsstelle

Die Schiedsstelle hat zur Berechnung einer „angemessenen Vergütung“ auf ein eigenes Berechnungsmodell abgestellt, das auf den Daten einer 2015 von der Schiedsstelle selber in Auftrag gegebenen empirischen Studie zur Nutzung von Tablets basiert.

Zu den im Gesamtvertrag Tablets vereinbarten Vergütungssätze der ZPÜ hat die Schiedsstelle in ihrem Einigungsvorschlag festgestellt, dass diese weder eine Bindungswirkung in Bezug auf die Antragsgegnerin entfalten könnten, noch dass deren Angemessenheit ohne Weiteres zu vermuten zu wäre.

Außerdem besteht laut der Schiedsstelle für so genannte Business Geräte kein Vergütungsanspruch der ZPÜ nach §§ 54ff. UrhG. Bei Business Geräten handelt es sich um Tablets, die von Unternehmen, Behörden und Bildungseinrichtungen für eigene gewerbliche oder hoheitliche Zwecke erworben werden.

Unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH, nach der die Ergebung von Urheberrechtsabgaben nicht umsatzsteuerpflichtig ist, hat die Schiedsstelle zudem auch die von der ZPÜ beantragte Erhöhung des Vergütungssatzes abgelehnt.

Anmerkung:

Die Entscheidung der Schiedsstelle ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung.

Die Schiedsstelle hat in ihrer Entscheidung zutreffend darauf verwiesen, dass nicht nachvollziehbar ist, wie der überhöhte Tarif für Tablets zwischen der ZPÜ und der BITKOM verhandelt wurde und ob dabei die gesetzlichen Vorgaben beachtet wurden. Laut der Schiedsstelle ist also schon nicht feststellbat, ob die darin aufgestellten Vergütungshöhen angemessen sind. Die ZPÜ war auch nicht willens, dies offenzulegen, und konnte auch keine andere Begründung dafür liefern, weshalb ihr Tarif eine angemessene Vergütung nach § 54a UrhG darstellen soll.

Begrüßenswert ist auch, dass die Schiedsstelle Vergütungsansprüche für Business Tablets verneint hat. Die Argumentation der Schiedsstelle dazu ist jedenfalls schlüssig und dürfte im Einklang mit der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH stehen.

Rechtssicherheit für Hersteller, Importeure und Händler von Tablets und Mobiltelefonen bietet der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle aber leider nicht. Denn der für Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH hat trotz aufgrund der EuGH Rechtsprechung zu Urhebervergütungen bestehender Zweifel daran, ob die deutschen gesetzlichen Regelungen der §§ 54ff. UrhG überhaupt im Einklang mit den Bestimmungen der EU-Urheberrechtsrichtlinie stehen, bislang abgelehnt, hierzu eine Vorlage an den EuGH zu stellen.

EuGH verschärft Haftung bei Filesharing im Familienumfeld

Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen wurden, kann sich nicht dadurch von der Haftung befreien, dass er einfach ein Familienmitglied benennt, dem der Zugriff auf diesen Anschluss möglich war (EuGH, Urteil vom 18.10.2018, Az. C-149/17).
Die Rechtsinhaber müssen über einen wirksamen Rechtsbehelf oder über Mittel verfügen, die es den zuständigen Gerichten ermöglichen, die Erteilung der erforderlichen Auskünfte anzuordnen
Das deutsche Verlagshaus Bastei Lübbe verlangt vor dem Landgericht München I von Herrn Michael S. Schadensersatz, weil ein Hörbuch, über dessen Urheberrechte und verwandten Schutzrechte es verfügt, über den Internetanschluss, dessen Inhaber Herr S. ist, einer unbegrenzten Anzahl von Nutzern einer Internet-Tauschbörse („peer-to-peer“) zum Herunterladen angeboten wurde.
Herr S. bestreitet, die Urheberrechtsverletzung selbst begangen zu haben. Zudem macht er geltend, auch seine im selben Haus wohnenden Eltern hätten Zugriff auf den Anschluss gehabt, ohne jedoch nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Nutzung des Anschlusses durch seine Eltern mitzuteilen. Nach den Angaben des Landgerichts München I geht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Deutschland) hervor, dass im deutschen Recht in Anbetracht des Grundrechts auf Schutz des Familienlebens eine solche Verteidigung ausreiche, um die Haftung des Inhabers des Internetanschlusses auszuschließen.

In diesem Zusammenhang ersuchte das Landgericht München I den Gerichtshof um Auslegung der Vorschriften des Unionsrechts über den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums.
Mit seinem am 18.10.2018 verkündeten Urteil antwortet der Gerichtshof, dass das Unionsrecht einer nationalen Rechtsvorschrift (wie der im Ausgangsverfahren streitigen in der Auslegung durch das zuständige nationale Gericht) entgegensteht, wonach der Inhaber eines Internetanschlusses, über den Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen wurden, nicht haftbar gemacht werden kann, wenn er ein Familienmitglied benennt, dem der Zugriff auf diesen Anschluss möglich war, ohne nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Nutzung des Anschlusses durch dieses Familienmitglied mitzuteilen.

Nach Auffassung des Gerichtshofs muss ein angemessenes Gleichgewicht zwischen verschiedenen Grundrechten, nämlich zum einen dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und dem Recht des geistigen Eigentums und zum anderen dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, gefunden werden. An einem solchen Gleichgewicht fehlt es, wenn den Familienmitgliedern des Inhabers eines Internetanschlusses, über den Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen wurden, ein quasi absoluter Schutz gewährt wird. Wenn das mit einer Haftungsklage befasste nationale Gericht auf Antrag des Klägers nicht die Beweismittel, die Familienmitglieder der gegnerischen Partei betreffen, verlangen kann, werden nämlich die Feststellung der gerügten Urheberrechtsverletzung und die Identifizierung ihres Täters unmöglich gemacht, was zur Folge hat, dass es zu einer qualifizierten Beeinträchtigung des Grundrechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und der dem Inhaber des Urheberrechts zustehenden Grundrechte des geistigen Eigentums kommt.

Anders verhielte es sich jedoch, wenn die Rechtsinhaber zur Vermeidung eines für unzulässig gehaltenen Eingriffs in das Familienleben über einen anderen wirksamen Rechtsbehelf verfügen könnten, der es ihnen in diesem Fall insbesondere ermöglichte, die zivilrechtliche Haftung des Inhabers des betreffenden Internetanschlusses feststellen zu lassen.
Zudem ist es letztlich Sache des Landgerichts München I, zu prüfen, ob das betreffende nationale Recht gegebenenfalls andere Mittel, Verfahren oder Rechtsbehelfe enthält, die es den zuständigen Gerichten ermöglichen, die Erteilung der erforderlichen Auskünfte anzuordnen, mit denen sich in Sachverhalten wie den im vorliegenden Fall in Rede stehenden die Urheberrechtsverletzung und die Identität des Zuwiderhandelnden feststellen lässt.

EuGH, Urteil vom 18.10.2018 in der Rechtssache C-149/17 , Quelle: Pressestelle des EuGH EuGH – C-149/17

Hinweis: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

Anmerkung:
Was sich bei erster Betrachtung wie ein Rückschlag im Hinblick auf die Entwicklung in der letzten deutschen Rechtsprechung zum Filesharing liest, lässt aber beim zweiten Blick erkennen, dass sich an der Rechtslage in Deutschland im Grunde nichts ändert. Denn der EuGH hatte seiner Entscheidung eine seltenen vorkommende Situation zugrunde gelegt, nämlich dass der Täter aus dem Familienkreis bekannt ist, er oder sie es also „zugegeben“ hatte. In den meisten Fällen dürften die Anschlussinhaber hingegen eher ahnungslos sein, wer die Urheberrechtsverletzungen über den Anschluss vorgenommen hat oder ob dies tatsächlich überhaupt geschehen ist. Für die häufigere Konstellation, dass der wahre Verletzter sein Tun nicht zugibt, bleibt es wohl trotz der Entscheidung des EuGH möglich, jedenfalls auch durch Verweis auf die anderen Mitnutzer des Internetanschlusses die eigene Haftung zu vermeiden. Es dürfte klar sein, dass Unwissenheit manchmal doch vor Strafe schützen kann. Eine geeignete Verteidigungsstrategie zu entwickeln wird also künftig mehr denn je eine wichtige Rolle in der anwaltlichen Praxis spielen.

Cathy Hummels darf Schuhe nicht unter ihrem Namen vertreiben

Cathy Hummels, Ehefrau des Fußballnationalspielers und FC Bayern München Verteidigers Mats Hummel, ist auch bekannt als Influencerin und seit neuestem auch als Designerin, allerdings hauptsächlich durch einen Rechtstreit um Namen und Markenrechte. Der Reihe nach. Cathy Hummels verkaufte eine Schuhkollektion mit dem Schriftzug „Hummels“. Hierdurch fühlte sich der dänische Sportartikelhersteller „Hummel“, der unter anderem auch für seine Sportschuhe bundes- und europaweit bekannt ist, in seinen Rechten verletzt und beantragte beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung. Die Firma aus Dänemark warf der Spielerfrau eine Markenverletzung vor mit der Begründung: Hummel und Hummels – das klinge einfach zu ähnlich. Es wurde daraufhin Cathy Hummels verboten, Schuhe mit dem Schriftzug „Hummels“ zu vertreiben. Ihr Anwalt, C.- O. M., sagte dazu: „Die Benutzung ihres Familiennamens kann im Übrigen auch die Firma Hummel unserer Mandantin nicht verbieten“ Spiegel-Online berichtete. Ob das so stimmt?

Namen sind nicht immer nur Namen
Was macht den Namen zur Marke und was unterscheidet die Marke vom Namen? Das sogenannte Namensrecht findet sich in § 12 BGB. Hiernach kann sich der Inhaber eines Namens gegen andere Personen zur Wehr setzen, die ihm nicht gestatten wollen, seinen Namen zu gebrauchen, oder die seinen Namen unbefugt benutzen. § 12 BGB findet dabei sowohl auf bürgerliche Namen Anwendung, wie etwa auf den von Cathy Hummels, als auch auf Firmennamen, wie z.B. den der dänischen Firma Hummel.
Allerdings stehen sich hier nicht bloß einfach zwei Namen gegenüber. Denn die Firma Hummel hat sich ihren Namen gleichzeitig auch als Marke schützen lassen. Marken sind gemäß der Definition in § 3 Markengesetz (MarkenG) Zeichen, die dazu dienen, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Anders als beim Namen im Sinne des BGB entsteht der Markenschutz allerdings im Normalfall erst durch Eintragung beim zuständigen Markenamt, beispielsweise beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) oder dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO).

Wenn das Markenrecht anwendbar ist, wird das reine Namensrecht des BGB verdrängt. Das ist wichtig zu wissen, denn für den Bereich der Kennzeichen, die im geschäftlichen Verkehr benutzt werden, schafft das Markenrecht eine speziellere Regelung, die allgemeinen Regelungen wie dem Namensrecht vorgeht. Das musste auch das LG Hamburg bei seiner Entscheidung berücksichtigen.
Sobald eine Marke für bestimmte Arten von Produkten oder Dienstleistungen eingetragen ist und nach einer gewissen Schonfrist auch entsprechend genutzt wird, dürfen Mitbewerber das entsprechende Kennzeichen und auch ähnliche Kennzeichen grundsätzlich nicht mehr für gleiche oder ähnliche Produkte oder Dienstleistungen verwenden.

Und Hummel und Hummels?
Wenn es um das Geschäft geht, hilft auch der eigene Name im Zweifel nicht viel – jedenfalls nicht gegen eine allzu ähnliche Marke auf einem identischen Geschäftsfeld oder eine identische Marke auf einem allzu ähnlichen Geschäftsfeld. Die Frage, wann eine Marke einen Namen „schlägt“, beantwortet § 14 MarkenG. Diese Anspruchsgrundlage beinhaltet verschiedene Konstellationen, die einem Markeninhaber Unterlassungsansprüche gewähren, nämlich immer dann, wenn eine zu große Ähnlichkeit in Bezug auf eine Bezeichnung einerseits auf eine zu große Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen andererseits trifft.

Die auf den Sneakern angebrachte Bezeichnung „Hummels“ unterscheidet sich offenkundig nur in sehr geringem Maß von der eingetragenen Wortmarke „Hummel“, denn sie unterscheiden sich letztlich nur im Fehlen des letzten Buchstabens. Andererseits sind sowohl Frau Hummels als auch der Sportartikelhersteller im Geschäftsfeld des Handelns mit Schuhen tätig. Das wiederum bedeutet, dass ein Fall § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt, nämlich das Aufeinandertreffen zweier ähnlicher Zeichen auf identische Warengruppen. Das kann dazu führen, dass Verbraucher, auf deren Sichtweise es ankommt, beide Zeichen gedanklich miteinander in Verbindung bringen oder verwechseln. Dies muss der Inhaber der Marke nicht dulden, sondern berechtigt ihn, also die Firma Hummel, Unterlassung der Benutzung zu verlangen. Zwar kündige Cathy Hummels bei Instagram an, sie werde „kämpfen für ihren Namen, in dem nun mal die Hummel steckt“. Allerdings dürfte dieser Kampf hier wenig erfolgversprechend sein. Auch wenn die einstweilige Verfügung nur eine vorläufige Regelung des Streits darstellt, ist davon auszugehen, dass dieses Ergebnis auch mit Abschluss eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens bestätigt wird.

Daraus folgt, dass der eingangs erwähnte Satz des Rechtsanwaltes von Cathy Hummels, nämlich, dass niemand die Benutzung eines Familiennamens untersagen kann, so nicht richtig ist. Denn untersagt werden kann, ihn in einem bestimmten geschäftlichen Bereich oder für bestimmte Dinge zu verwenden. In diesem Sinne, Hummel, Hummel – Mors, Mors – wie der Hamburger so sagt.

LG Hamburg; Beschluss vom 16.08.2018 (Az.: 327 O 271/18)

Zur Haftung des Anschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen über ungesichertes WLAN

Urteil vom 26. Juli 2018 – I ZR 64/17 – Dead Island
Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Betreiber eines Internetzugangs über WLAN und eines Tor-Exit-Nodes nach der seit dem 13. Oktober 2017 geltenden Neufassung des § 8 Abs. 1 Satz 2 des Telemediengesetzes (TMG) zwar nicht als Störer für von Dritten über seinen Internetanschluss im Wege des Filesharings begangene Urheberrechtsverletzungen auf Unterlassung haftet. Jedoch kommt ein Sperranspruch des Rechtsinhabers gemäß § 7 Abs. 4 TMG nF in Betracht.

Worum ging es?
Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Computerspiel „Dead Island“. Der Beklagte unterhält einen Internetanschluss. Am 6. Januar 2013 wurde das Programm „Dead Island“ über den Internetanschluss des Beklagten in einer Internet-Tauschbörse zum Herunterladen angeboten. Die Klägerin mahnte den Beklagten im März 2013 ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Zuvor hatte die Klägerin den Beklagten zweimal wegen im Jahr 2011 über seinen Internetanschluss begangener, auf andere Werke bezogener Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing anwaltlich abgemahnt.
Der Beklagte hat geltend gemacht, selbst keine Rechtsverletzung begangen zu haben. Er betreibe unter seiner IP-Adresse fünf öffentlich zugängliche WLAN-Hotspots und drahtgebunden zwei eingehende Kanäle aus dem Tor-Netzwerk („Tor-Exit-Nodes“).

Bisheriger Prozessverlauf:
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln aufgegeben wird, Dritte daran zu hindern, das Computerspiel oder Teile davon der Öffentlichkeit mittels seines Internetanschlusses über eine Internettauschbörse zur Verfügung zu stellen.

Die Entscheidung des BGH:
Der BGH hat auf die Revision des Beklagten das Urteil des OLG hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung aufgehoben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Die gegen die Zuerkennung der Abmahnkostenforderung gerichtete Revision hat der BGH zurückgewiesen.
Der BGH hat entschieden, dass der Beklagte nach dem hierfür maßgeblichen, im Zeitpunkt der Abmahnung geltenden Recht zum Ersatz der Abmahnkosten verpflichtet ist, weil er als Störer für die Rechtsverletzung Dritter haftet. Der Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, sein WLAN durch den Einsatz des im Kaufzeitpunkt aktuellen Verschlüsselungsstandards sowie eines individuellen Passworts gegen missbräuchliche Nutzung durch Dritte zu sichern. Für den Fall der privaten Bereitstellung durch den Beklagten bestand diese Pflicht ohne Weiteres bereits ab Inbetriebnahme des Anschlusses. Sofern der Beklagte den Internetzugang über WLAN gewerblich bereitgestellt hat, war er zu diesen Sicherungsmaßnahmen verpflichtet, weil er zuvor bereits darauf hingewiesen worden war, dass über seinen Internetanschluss im Jahr 2011 Urheberrechtsverletzungen im Wege des Filesharings begangen worden waren. Der Annahme einer Störerhaftung steht es nicht entgegen, dass das im Hinweis benannte Werk nicht mit dem von der erneuten Rechtsverletzung betroffenen Werk identisch ist. Die Haftungsvoraussetzungen liegen ebenfalls vor, wenn die Rechtsverletzung über den vom Beklagten betriebenen Tor-Exit-Node erfolgt ist. Der Beklagte hat es pflichtwidrig unterlassen, der ihm bekannten Gefahr von Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing mittels technischer Vorkehrungen entgegenzuwirken. Nach den revisionsrechtlich einwandfreien Feststellungen des Oberlandesgerichts ist die Sperrung von Filesharing-Software technisch möglich und dem Beklagten zumutbar.
Die Verurteilung zur Unterlassung hat der BGH jedoch aufgehoben, weil nach der seit dem 13. Oktober 2017 geltenden Neufassung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG der Vermittler eines Internetzugangs nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Schadensersatz, Beseitigung oder Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden kann. Ist eine Handlung im Zeitpunkt der Revisionsentscheidung nicht mehr rechtswidrig, kommt die Zuerkennung eines Unterlassungsanspruchs nicht in Betracht.

Gegen die Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF bestehen keine durchgreifenden europarechtlichen Bedenken. Zwar sind die Mitgliedstaaten gemäß Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 11 Satz 3 der Richtlinie 2004/48/EG verpflichtet, zugunsten der Rechtsinhaber die Möglichkeit gerichtlicher Anordnungen gegen Vermittler vorzusehen, deren Dienste von einem Dritten zur Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden. Der deutsche Gesetzgeber hat die Unterlassungshaftung des Zugangsvermittlers in § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG nF zwar ausgeschlossen, jedoch zugleich in § 7 Abs. 4 TMG nF einen auf Sperrung des Zugangs zu Informationen gerichteten Anspruch gegen den Betreiber eines Internetzugangs über WLAN vorgesehen. Diese Vorschrift ist richtlinienkonform dahin fortzubilden, dass der Sperranspruch auch gegenüber den Anbietern drahtgebundener Internetzugänge geltend gemacht werden kann. Der Anspruch auf Sperrmaßnahmen ist nicht auf bestimmte Sperrmaßnahmen beschränkt und kann auch die Pflicht zur Registrierung von Nutzern, zur Verschlüsselung des Zugangs mit einem Passwort oder – im äußersten Fall – zur vollständigen Sperrung des Zugangs umfassen.
Zur Prüfung der Frage, ob der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Sperrung von Informationen gemäß § 7 Abs. 4 TMG nF zusteht, hat der Bundesgerichtshof die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf – Urteil vom 13. Januar 2016 – 12 O 101/15, OLG Düsseldorf – Urteil vom 16. März 2017 – I-20 U 17/16

Anmerkung:
Zwar ging es eigentlich wieder nur um einen Filesharing-Altfall, doch dieser Altfall dürfte die leidigen Filesharing-Abmahnungen bei ungesichertem WLAN und damit verbundenen Urheberrechtsverletzungen endgültig beerdigen. Denn mit diesem Urteil wurde nun über diesen Fall hinaus bestätigt, dass die Abschaffung der Störerhaftung aus dem seit Herbst 2017 erneuerten TMG mit Europarecht vereinbar ist. Die Begründung: Die geschädigten Firmen könnten den WLAN-Betreiber immer noch gerichtlich zur Sperrung bestimmter Inhalte verpflichten. Damit seien ihre Urheberrechte ausreichend geschützt. Ob das jedoch gelebte Praxis wird, dürfte zu bezweifeln sein.
Nach dem neuen TMG lässt sich aber weder ein Unterlassungs- noch ein Schadenersatzanspruch ableiten. Werden Urheberrechte verletzt, sind aber eben Nutzungssperren möglich. Wie solche Sperren konkret aussehen könnten, sagt der BGH aber nicht, dort heißt es knapp: Die Sperrung von Filesharing-Software sei technisch möglich und dem Beklagten zumutbar.