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Keine Urheberrechtsabgabe für Cloud-Dienste

Kategorien: Medienrecht, News, Urheberrecht

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat mit einem Urteil vom 2. Februar 2024 (Az. 38 Sch 60/22 WG e) eine Klage der der Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) gegen den Cloud-Anbieter Dropbox abgewiesen und in seinem Urteil einen Anspruch der ZPÜ gegen Dropbox auf Auskunft und auf Zahlung einer Urheberrechtsabgabe für verneint.

Bei der ZPÜ handelt es sich um einen Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften, die urheberrechtliche Ansprüche wegen der Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken geltend machen kann.

Dropbox Inc. ist ein Anbieter von Cloud-Infrastruktur mit Sitz in San Francisco. Von der ZPÜ vor dem OLG München in Anspruch genommen wurde eine in Irland beheimatete Tochtergesellschaft von Dropbox Inc., die als Vertragspartnerin für private und geschäftliche Nutzer der Dropbox-Dienste in Deutschland auftritt.

Die ZPÜ hatte mit ihrer Klage gegen Dropbox urheberrechtliche Auskunfts- und Vergütungsansprüche wegen der Überlassung von Clouds im Wege des Cloud-Computings geltend gemacht. Zur Begründung hatte die ZPÜ angeführt, dass die von Dropbox angebotenen Clouds von den Nutzern der Cloud-Dienste zur Herstellung von Privatkopien urheberrechtlich geschützter Werke genutzt wurden und die diese aus technischen Gründen und aus funktionaler Nutzersicht als Speichermedium und als Gerät nach dem Urheberrechtsgesetz zu qualifizieren sei.

Das OLG München ist der Argumentation der ZPÜ nicht gefolgt und zur Begründung ausgeführt, dass Dropbox weder Geräte noch Speichermedien im Sinne des Urheberrechts anbiete, sondern lediglich eine Dienstleistung, die eine Zugriffsmöglichkeit auf von Dropbox betriebenen Online-Speicherplatz ermögliche. Die Überlassung einer internetbasierten Nutzungsmöglichkeit werde aber von der gesetzlichen Regelung nicht erfasst, weil der verwendete Begriff des Trägers von Informationen und Daten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch einen körperlichen Gegenstand bezeichne. Und durch die Bereitstellung der Soft- und Hardware sei für die Nutzer von Dropbox auch noch nicht die Möglichkeit verbunden, Privatkopien urheberrechtlich geschützter Werke herzustellen. Denn dies setze voraus, dass der Cloud-Nutzer mit einem Endgerät (z.B. Tablet, Handy, PC oder Smartwatch) eine temporäre, internetbasierte Verbindung zu der Cloud herstelle, mit deren Hilfe erst Privatkopien auf dem Cloud-Speicher erstellt werden könnten. Zudem sei Dropbox als Cloudbetreiberin aber auch nicht Herstellerin von Geräten und Speichermedien.

Da es sich bei Dropbox um einen Cloud-Anbieter handelt, der seinen Sitz zwar in der EU aber nicht in Deutschland hat, ist nach der Entscheidung des OLG München weiterhin unklar, ob Cloud-Anbieter mit Sitz in Deutschland zur Zahlung von Urheberrechtsabgaben für die von ihnen angebotenen Cloud-Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können. Eine große Rolle dürfte hierbei die auch im Urteil des OLG München genannte Problematik darstellen, dass es dazu kommen kann, dass die Urheberrechtsabgabe mehrfach erhoben werden könnte, wenn im Rahmen eines einheitlichen Vervielfältigungshandlung mehrere Geräte und Speichermedien, also wenn nicht nur die Endgeräte, sondern auch etwa Cloud-Server, von ihr betroffen sind.

Werbung mit „Bekannt aus…“ Vorsicht Falle!

Viele Unternehmer nutzen ihre vermeintliche Bekanntheit in namhaft genannten Medien als Werbestrategie, doch das Oberlandesgericht Hamburg (OLG Hamburg) hat mit einem wegweisenden Urteil vom 21.09.2023, Az. 15 U 108/22, klare Regeln für solche Praktiken festgelegt.

Ein Unternehmen warb auf seiner Website mit den Worten: „Bekannt aus: Die Welt, FOCUS ONLINE, Frankfurter Allgemeine, N24, Der Tagesspiegel“, ohne jedoch konkrete Verweise oder Links zu den genannten Quellen anzugeben. Die Werbung war allgemein gehalten und bezog sich nicht auf spezifische Dienstleistungen des Unternehmens oder deren Preise.

Ein Wettbewerbsverband hielt diese Werbung für wettbewerbswidrig und klagte auf Unterlassung. Das LG Hamburg wies die Klage noch ab, das OLG sah die Sache jedoch anders.

Hier sind die zentralen Aspekte der Entscheidung des OLG:

1. Verpflichtende Angabe von Fundstellen:

Unternehmen, die mit ihrer Präsenz in spezifischen Medien werben, müssen zwingend eine Fundstelle pro Medium angeben oder verlinken. Diese Fundstellen sollten auf redaktionelle Berichterstattung über das Unternehmen hinweisen.

  • Gemäß § 5a Abs. 1 UWG sind diese Fundstellen als entscheidende Informationen zu betrachten, deren Nichtangabe einen Verstoß darstellt.
  • Die Regelung zielt darauf ab, Verbrauchern die Möglichkeit zu geben, nachzuvollziehen, warum, wie und wann das Unternehmen in den genannten Medien erwähnt wurde.

2. Bekannt aus“ nur bei redaktioneller Berichterstattung:

  • Die Verwendung der Formulierung „Bekannt aus“ ist nur dann zulässig, wenn es sich um redaktionelle Berichterstattung handelt.
  • Die redaktionelle Erwähnung muss nicht zwangsläufig positiv sein; auch neutrale Berichterstattung reicht aus, um die Nutzung des „Bekannt aus“-Hinweises zu rechtfertigen.

Kommentar: Die Anforderung zur Angabe von Fundstellen lässt sich bei Online-Artikeln durch Verlinkung in der Regel leicht umsetzen, während bei anderen Medien wie filmischen Beiträgen in Mediatheken oder Offline-Zeitungsartikeln die Herausforderung besteht, nachprüfbare Fundstellen anzugeben. Hierbei bleibt offen, welchen Stellenwert die leichte Nachprüfbarkeit im Vergleich zur potenziell nicht vernünftig belegbaren Werbewirkung hat. Bis zu einer gerichtlichen Klärung wird empfohlen, auf Bekanntheitswerbung zu verzichten, wenn die Berichterstattung nicht leicht nachprüfbar ist.

Wichtig:

  • Die Schaltung von bezahlten Werbeanzeigen allein berechtigt nicht zur Werbung. Es ist nicht relevant zu erwähnen, dass in den genannten Medien Werbung geschaltet wurde. Wer lediglich bezahlte Werbeanzeigen in einem Medium platziert hat, darf nicht mit dem Vermerk „Bekannt aus“ werben.
  • Wenn es um eine positive oder zumindest neutrale redaktionelle Berichterstattung geht, ergeben sich für das beworbene Unternehmen keine erkennbaren Nachteile. Insbesondere, wenn sich die „Bekannt aus“-Werbung auf bereits veröffentlichte Presseberichte bezieht, sind auch keine Bedenken hinsichtlich Geheimhaltungsvorschriften vorhanden. Der zusätzliche zeitliche und finanzielle Aufwand für die Verlinkung zu den entsprechenden Medien ist für das werbende Unternehmen als „äußerst überschaubar“ einzustufen und daher akzeptabel.

Hinweis: Das OLG Hamburg ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zu, was auch verständlich ist. Denn Frage, ob bei einer Werbung mit der Bekanntheit eines Unternehmens unter Verweis auf bestimmte Medienerzeugnisse exakte Fundstellen anzugeben bzw. zu verlinken sind, kann sich auch in einer Vielzahl weiterer Fälle stellen.

Haben Sie Fragen zu diesem Thema oder Probleme mit den rechtlichen Anforderungen an Werbemaßnahmen oder sehen Sie sich durch unlautere Werbung eines Konkurrenten behindert? Gerne berate und vertrete ich Sie (auch kurzfristig) in diesen Fällen.

Handwerker müssen über bestehendes Widerrufsrecht aufklären

Schließt ein Handwerker außerhalb seiner Geschäftsräume einen Vertrag mit einem Kunden, so muss er, sofern dieser Verbraucher ist, diesen über sein gesetzliches Widerrufsrecht unterrichten. Andernfalls kann der Kunde – auch wenn die Arbeiten längst erledigt wurdenden Auftrag widerrufen, ohne für bereits erbrachte Arbeiten und Leistungen aufkommen zu müssen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil nun entschieden (Urteil vom 17. Mai 2023, Az.: C-97/22).

Was war geschehen?

Ein Verbraucher schloss mit einem Handwerksbetrieb einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation seines Hauses ab. Das Unternehmen unterließ es jedoch, ihn über das Widerrufsrecht aufzuklären. Dieses steht Kunden grundsätzlich während 14 Tagen zu, da der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Handwerksbetriebes abgeschlossen wurde.

Nachdem der Handwerker seine vertraglichen Leistungen ordnungsgemäß erbracht hatte, stellte er dem Kunden die entsprechende Rechnung. Dieser zahlte jedoch nicht, sondern widerrief den Vertrag. Der Kunde machte geltend, dass das Unternehmen keinen Anspruch auf Vergütung habe. Der Grund: Der Betrieb habe es versäumt, ihn über sein Widerrufsrecht zu unterrichten.

Was passierte dann?

Es kam zum Rechtsstreit. Das Landgericht (LG) Essen, das sich mit dem Fall zu befassen hatte, stimmte dem Verbraucher zu. Es fragte sich aber, ob er nicht Wertersatz für die empfangene Leistung zu zahlen habe. Andernfalls könnte das dem Verbot ungerechtfertigter Bereicherung zuwiderlaufen (= Leistung ohne Gegenleistung). Deshalb wandte dich das Gericht an den EuGH. Es wollte wissen, ob Art. 14 Abs. 5 der Verbraucherschutzrichtlinie (RL 2011/83) so auszulegen sei, dass der Verbraucher, der nach Vertragserfüllung diesen widerruft tatsächlich nichts bezahlen muss, wenn ihn das Unternehmen nicht vor Abschluss des Vertrages entsprechend belehrt hat.

Das Urteil des EuGH

Der EuGH beantwortete die Frage des LG mit einem klaren „Ja“. Denn für den Verbraucher dürfen nach dem Sinn und Zweck der Richtlinie keine Kosten entstehen, also auch kein Wertersatz. Weil die Belehrung über das Widerrufsrecht gefehlt hat, muss das Unternehmen das Verlustrisiko tragen. Im Vordergrund stehe der Verbraucherschutz. Der funktioniere aber nur, wenn der Verbraucher tatsächlich über sein Widerrufsrecht informiert sei. Könnten für den Verbraucher Kosten entstehen, obwohl er nicht vernünftig über seine Rechte aufgeklärt worden sei, wäre das eine Gefahr für das hohe Verbraucherschutzniveau. Hiermit wäre ein etwaiger Wertersatz des Verbrauchers nicht zu vereinbaren, so der EuGH. Die Verantwortung trage allein der Unternehmer. Auch das Argument der eigentlich ungerechtfertigten Bereicherung des Verbrauchers werde am Ende vom Verbraucherschutzgedanken der Richtlinie überschattet.

Anmerkung:

Handwerker sowie alle anderen Unternehmer, die Verträge mit Verbrauchern außerhalb ihrer Geschäftsräume schließen, also z.B. ausschließlich im Wege des sog. Fernabsatzes (z.B. am Telefon oder per E-Mail) oder in der Wohnung des Kunden, auf Veranstaltungen, auf der Straße, etc. sind gut beraten, den Kunden umfassend und inhaltlich richtig über das bestehende 14-tägige Widerrufsrecht zu unterrichten. Anderenfalls besteht die Möglichkeit, dass sie am Ende ohne Vergütung dastehen. Denn es ist zu erwarten, dass einige Verbraucher diese Karte bei fehlender oder fehlerhafter Belehrung „ziehen werden“.

Wie können wir helfen?

Haben Sie Fragen zum Thema oder benötigen Sie Unterstützung bei der Umsetzung der rechtlichen Erfordernisse? Gerne sind wir behilflich.

Unerlaubte Diskriminierung durch Auswahlmöglichkeit von nur zwei Geschlechtern beim Online-Shopping

Eine Person nichtbinärer Geschlechtsidentität, die beim „Online-Shopping“ nur zwischen den Anreden „Frau“ oder „Herr“ auswählen kann, wird unter Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz wegen des Geschlechts benachteiligt und in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Ein Anspruch auf Entschädigung eines deswegen geltend gemachten immateriellen Schadens besteht jedoch nicht, weil die festgestellte Diskriminierung im konkreten Fall nicht die dafür erforderliche Intensität erreichte.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die klagende Person, in deren Personenstandsdaten beim Standesamt „keine Angabe“ unter der Rubrik „Geschlecht“ eingetragen ist, hatte im Herbst 2019 auf der Website des beklagten Bekleidungsunternehmens verschiedene Kleidungsstücke bestellt. Für die Registrierung und den Kauf war eine Auswahl zwischen den beiden Anreden „Frau“ oder „Herr“ erforderlich. Eine dritte Auswahl gab es zum damaligen Zeitpunkt nicht. Die getätigten Käufe wurden unter der Anrede „Herr“ bestätigt.

Die klagende Person macht aufgrund dieses Sachverhalts eine Entschädigung in Geld in Höhe von jedenfalls 2.500 Euro sowie einen Unterlassungsanspruch geltend. Damit hatte sie aber weder außergerichtlich noch vor dem Landgericht Mannheim Erfolg. Dessen klageabweisendes Urteil vom 7. Mai 2021 hat das Oberlandesgericht Karlsruhe jetzt im Ergebnis bestätigt.

Nach den Ausführungen des 24. Zivilsenats liegt zwar eine nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verbotene unmittelbare Benachteiligung der klagenden Person wegen des Geschlechts bei der Begründung eines zivilrechtlichen Schuldverhältnisses im Rahmen eines sog. Massengeschäfts vor. Die klagende Person konnte – anders als eine Person mit männlichem oder weiblichem Geschlecht – den Kaufvorgang nicht abschließen, ohne im dafür vorgesehenen Feld eine Angabe zu machen, die der eigenen geschlechtlichen Identität nicht entspricht. Hierdurch wurde zugleich das Allgemeines Persönlichkeitsrecht der klagenden Person in seiner Ausprägung des Schutzes der geschlechtlichen Identität verletzt.

Ansprüche auf Unterlassung oder eine Entschädigung in Geld können aufgrund der konkreten Gestaltung des Einzelfalls jedoch nach den weiteren Ausführungen des Senats nicht mit Erfolg geltend gemacht werden.

Ein Anspruch auf Unterlassung besteht mangels einer dafür erforderlichen Wiederholungsgefahr nicht.

Zwischenzeitlich hat das beklagte Unternehmen im Anredefeld neben den Bezeichnungen „Frau“ und „Herr“ die Auswahlmöglichkeit „Divers/keine Anrede“ aufgenommen. Sie hat damit eine geschlechtsneutrale Anrede für die Zukunft sichergestellt. Die klagende Person wird bei der Auswahl dieses Feldes nur noch mit der Höflichkeitsform „Guten Tag [Vorname Nachname]“ angesprochen. Ihr wird nicht mehr zugemutet, sich mit der Wahl einer geschlechtsspezifischen Anrede einer Identität zuzuordnen, die der eigenen nicht entspricht. Deshalb sowie nach den weiteren Umständen des Streitfalles sind weitere Verletzungen des Benachteiligungsverbots nicht mehr ernsthaft zu erwarten.

Auch ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Geld steht der klagenden Person nicht zu. Nicht jede Berührung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts löst einen Anspruch auf Geldentschädigung aus. Dafür erforderlich ist vielmehr eine schwerwiegende Verletzung des Benachteiligungsverbots, die eine gewisse Intensität der Herab- und Zurücksetzung erreicht. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegend zu entscheidenden Einzelfall jedoch nicht vor. Die Benachteiligung wurde nur im privaten Bereich und nicht in der Öffentlichkeit vorgenommen; sie wiegt deshalb weniger schwer. Der Grad des Verschuldens der Beklagten ist gering. Ihr kam es ersichtlich nicht darauf an, einer kaufinteressierten Person eine Angabe zu ihrer geschlechtlichen Zuordnung abzuverlangen; Zweck der vorzunehmenden Auswahl war lediglich, eine im Kundenverkehr übliche korrekte Anrede der bestellenden Person im Rahmen der weiteren Abwicklung des Massengeschäfts zu ermöglichen. Zudem hat sich die Beklagte bereits auf eine erste Beschwerde der klagenden Person hin bemüht, deren Anliegen durch eine Änderung des Internetauftritts Rechnung zu tragen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

OLG Karlsruhe, 14.12.2021 – Az: 24 U 19/21

Stellungnahme: Shop-Betreiber sind verpflichtet, Kunden (m/w/d) diskriminierungsfreie Bestellungen zu ermöglichen. Dies kann geschehen, indem die Auswahlmöglichkeit für die Anrede im Bestellformular nicht als Pflichtfeld ausgestaltet wird, denn eine solche ist grundsätzlich nicht erforderlich und auch nicht vorgeschrieben. Oder aber es wird eine dritte Auswahlmöglichkeit („Divers/keine Anrede“) zur Verfügung gestellt, so dass auch Kunden mit nicht-binärer Geschlechtsidentität eine Zuordnung ermöglicht wird.