« Zurück zur Startseite

News

Influencerin muss Verlinkungen auf Instagram als Werbung kenntlich machen

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) untersagt mit Beschluss vom 24.10.2019 einer Influencerin und Youtuberin, im geschäftlichen Verkehr auf ihrem Instagram-Account Bilder von sich im Internet zu präsentieren und dabei Waren und/oder Dienstleistungen vorzustellen nebst Verlinkung zu den Accounts der jeweiligen Hersteller, ohne diese Veröffentlichungen als Werbung kenntlich zu machen.

Die Antragstellerin betreibt einen Verlag. Die Antragsgegnerin ist Influencerin und Youtuberin. Sie unterhält eine personalisierte Webseite auf Instagram und hat über eine halbe Million Follower. Dort postet sie zahlreiche Bilder, überwiegend von sich selbst. Sie verlinkt diese Bilder mit den Instagram-Accounts der Anbieter der jeweils in ihren Posts dargestellten Produkte sowie Dienstleistungen. Die Posts werden nicht als Werbung kenntlich gemacht. In jedenfalls zwei Begleittexten bedankt sich die Antragsgegnerin ausdrücklich bei zwei Produktherstellern, auf deren Instagram-Accounts sie verlinkt hatte, für die Einladung zu zwei Reisen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Antragsgegnerin betreibe mit der gewählten Präsentation von Produkten und Dienstleistungen auf ihrem Instagram-Account verbotene redaktionelle Werbung. Das Landgericht hat einen auf Unterlassen gerichteten Antrag im einstweiligen Verfügungsverfahren zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
Die Beschwerde hat vor dem OLG Erfolg. Die Antragsgegnerin handele unlauter, stellt das OLG fest. Sie habe den tatsächlich vorhandenen kommerziellen Zweck ihrer geschäftlichen Handlungen nicht kenntlich gemacht; der kommerzielle Zweck ergebe sich auch nicht unmittelbar aus den Umständen.

Der Instagram-Account der Antragsgegnerin stelle, so das OLG, eine geschäftliche Handlung dar; die „Instagram-Posts…dienten zunächst der Förderung fremder Unternehmen“. Es handele sich um Werbung, die den Absatz der präsentierten Produkte steigern und das Image des beworbenen Herstellers und dessen Markennamen oder Unternehmenskennzeichen fördern soll. Die Antragsgegnerin sei unstreitig eine Influencerin. Sie präsentiere sich in ihren Posts nicht als Werbefigur, sondern als Privatperson, die andere an ihrem Leben teilhaben lassen und dabei sehr authentisch wirke. In dem sie auf ihren Posts etwa einen „Tag“ auf ein Hotel setze, mache sie Werbung für dieses Hotel. Der redaktionelle Beitrag habe auch nicht in Verbindung zu diesem Hotel gestanden. Sie erhalte auch eine Gegenleistung für ihre Werbung. Dies folge etwa daraus, dass sie sich ausdrücklich bei zwei Unternehmen, für das sie auf ihren Posts „Tags“ gesetzt hatte, für die Reiseeinladungen bedankte.

Der Instagram-Account der Antragsgegnerin sei auch insgesamt als kommerziell einzuordnen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Antragsgegnerin für jeden „Tag“ eine Gegenleistung erhalten oder erwartet habe. Als Autorin eines Buches, das zu den Spiegel-Online-Bestsellern zähle, nutze sie ihre Bekanntheit als Influencerin, um ihre eigenen Produkte zu vermarkten. Sie erziele als Influencerin Einkünfte damit, dass sie „Produkte und auch sich selbst vermarktet“, betont das OLG.
Die Handlungen der Antragsgegnerin seien zudem geeignet, „den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“, stellt das OLG schließlich fest. Es genüge, dass die Verbraucher aufgrund der Posts Internetseiten öffneten, die es ermöglichten, sich näher mit einem bestimmten Produkt zu befassen. Die Verbraucher würden hier auf den jeweiligen Instagram-Account der Hersteller der präsentierten Produkte geleitet. „Entscheidend ist, dass die Antragsgegnerin als Influencerin und damit als Werbefigur ihre Follower zum Anklicken der „Tags“ motiviert“, fasst das OLG abschließend zusammen.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.10.2019, Az. 6 W 68/19
(vorausgehend LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.6.2019, Az. 2-6 O 235/19)

Anmerkung:
Das OLG Frankfurt hatte sich schon des Öfteren mit Influencern und deren „geschäftlichen Gebahren“ auseinanderzusetzen. Dabei lässt sich gut ablesen, dass das Gericht strenge Maßstäbe an die Kenntlichmachung von Werbung stellt. Nach Ansicht des OLG liegt eine verbotene Schleichwerbung dann vor, wenn ein Influencer ein Produkt empfiehlt, ohne den kommerziellen Zweck kenntlich zu machen, sofern ein solcher in irgendeiner Weise vorgelegen hat.

Erläuterungen:
§ 5a UWG Irreführung durch Unterlassen
(1) …
(6) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Pressemitteilung des OLG Frankfurt vom 24.10.2019 – Nr. 59/2019

Verbot intransparenter bezahlter Bewertungen bei Amazon

Ein neuer Beschluss des Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main vom 22.02.2019 (Az.: 6 W 9/19) steckt den Rahmen für das Werbemittel der Kundenrezension ab. Und beantwortet die Frage, wie transparent diese sein müssen.

Worum geht es?
Amazon hatte den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen ein Unternehmen beantragt, das Drittanbietern auf amazon.de – also von Amazon unabhängige Verkäufer – die Erstellung und Veröffentlichung von Kundenrezensionen gegen Entgelt anbietet. Konkret handelte es sich bei der Antragstellerin um eine Zweigniederlassung von „Amazon EU Sárl“ (= GmbH) und Verkäuferin der auf der Plattform „amazon.de“ angebotenen Produkte, welche diese mit dem Zusatz „Verkauf und Versand durch Amazon“ oder mit dem Handelsnamen „Warehousedeals“ ausgewiesen hatte. Die Antragsgegnerin (Name soll hier nicht genannt werden) bietet sogenannten Drittanbietern auf „amazon.de“ – also von der Antragstellerin unabhängigen Verkäufern – die Erstellung und Veröffentlichung von Kundenrezensionen gegen entsprechende Bezahlung an. Drittanbieter, die ihre Produkte über „amazon.de“ verkaufen möchten, können sich bei der Antragsgegnerin registrieren. Die Antragsgegnerin vermittelt auf Wunsch einen Produkttester, der dann das über „amazon.de“ erworbene Produkt bewertet. Er erhält hierfür im Regelfall das Produkt – gegebenenfalls gegen Zahlung eines kleinen Eigenanteils – und darf es behalten. Die Rezension wird über das Portal der Antragsgegnerin automatisiert bei „amazon.de“ eingestellt. Amazon hält es für unlauter, dass die Antragsgegnerin diese „bezahlten“ Kundenrezensionen auf „amazon.de“ veröffentlicht, ohne darauf hinzuweisen, dass der Rezensent hierfür einen vermögenswerten Vorteil erhalte (§ 5a Abs. 6 UWG).

Das Landgericht Frankfurt am Main hatte im Dezember 2018 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Nun wurde das OLG Frankfurt am Main von Amazon angerufen und musste sich mit der Sache zu befassen.

Die Ansicht des OLG Frankfurt am Main
Das OLG sah die Sache anders als das LG Frankfurt. Es verbot es der Antragsgegnerin, auf „amazon.de“ „gekaufte“ Kundenrezensionen zu veröffentlichen, ohne gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass diese Rezensionen entgeltlich beauftragt wurden. Die Antragsgegnerin handelt nach Ansicht des Gerichts unlauter und damit wettbewerbswidrig. Denn sie hat den „kommerziellen Zweck“ der eingestellten Produktrezensionen nicht kenntlich gemacht und dem Verbraucher den kommerziellen Hintergrund der Bewertungen „nicht klar und eindeutig“ zu erkennen gegeben. Maßgeblich sei dabei die Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers. Dieser geht nach Ansicht des Gerichts bei Produktbewertungen davon aus, „dass diese grundsätzlich ohne Gegenleistung erstellt werden“. Die Idee eines jeden Bewertungsportals beruht darauf, dass die Bewertenden die „Produkte aufgrund eines eigenständigen Kaufentschlusses erworben haben und nunmehr ihre Bewertung unbeeinflusst von Dritten mitteilen“. Der Verbraucher erwarte zwar nicht unbedingt eine objektive Bewertung vergleichbar einem redaktionellen Bericht. Er erwarte wohl aber eine „authentische“und eben nicht „gekaufte“ Bewertung. Die von der Antragsgegnerin vermittelten Rezensionen entsprächen nicht dieser Verbrauchererwartung, da die Tester einen vermögenswerten Vorteil für das Schreiben einer Bewertung erhielten.

Noch kann Rechtsmittel eingelegt werden
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Die Antragsgegnerin kann Widerspruch einlegen, über den das LG zu entscheiden hätte. Hintergrund für diesen Rechtsweg ist, dass hier das OLG die zunächst beim LG erfolglos beantragte einstweilige Verfügung erlassen hat. Die Rechtmäßigkeit einer erstmals erlassenen einstweiligen Verfügung kann der Antragsgegner grundsätzlich im Wege des – nicht fristgebundenen – Widerspruchs vor dem Eingangsgericht überprüfen lassen. Gegen eine Entscheidung des LG wäre dann das Rechtsmittel der Berufung gegeben, über die wiederum das OLG entscheiden müsste. Ob aber dann mit einem anderen Ausgang zu rechnen wäre, ist ungewiss.

Fazit
Das OLG lässt mit seiner Entscheidung keinen Zweifel daran, dass mit „gekauften“ Rezensionen äußerst vorsichtig umgegangen werden muss. Wer solche Bewertungen zur Absatzförderung im geschäftlichen Verkehr als Marketing-Tool einsetzt, sollte klar und deutlich darauf hinweisen, dass hierfür Geld bezahlt wurde oder andere vermögenswerten Vorteile geflossen sind. Denn natürlich hat die Nutzung von Kundenbewertungen eine erhebliche geschäftliche Relevanz. Und eben diese ist in den Blick zu nehmen bei der Beurteilung der Frage, ob eine Wettbewerbshandlung eines Händlers lauter oder eben unlauter ist. Produktbewertungen, bei denen für den Verkehr erkennbar ist, dass der Rezensent eine Gegenleistung erhalten hat, werden vom Verkehr nun einmal anders gewürdigt als Bewertungen, bei denen der Rezensent für das Produkt bezahlt hat und aus eigenem Antrieb eine eine Bewertung vornimmt. Damit ist das Nichtkenntlichmachen geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dass dies insbesondere bei hochpreisigen Gütern für den Verbraucher dann unangenehme finanzielle Folgen haben kann, dürfte auf der Hand liegen.

OLG Frankfurt am Main – 22.02.2019 – 6W 9/19

Vorinstanz: LG Frankfurt am Main – 19.12.2018 – AZ: 2-6 O 469/18

OLG München verbietet Amazons finale Bestellübersicht

Das Oberlandesgericht München (Az.: 29 U 1582/18) hat am 31.01.2019 ein erstaunliches Urteil gesprochen, das weitreichende rechtliche Konsequenzen für nahezu alle Online-Händler haben dürfte.

A. Die Situation
Bereits seit einigen Jahren gilt im Onlinehandel die sogenannte „Button-Lösung“. Der Gesetzgeber wollte dabei den Verbraucherschutz stärken und erließ strenge Regeln für die Gestaltung der finalen Bestellseite in Onlineshops bzw. auf Verkaufsplattformen. Inhaltlich sollte der Online-Käufer auf der finalen Bestellseite noch einmal detailliert darüber in Kenntnis gesetzt werden, was er nun konkret zu welchen Bedingungen kauft, wenn er den „Bestellbutton“ klickt (Button „zahlungspflichtig bestellen“).
Neben einer eindeutigen Beschriftung bestimmt die „Button-Lösung“ vor, dass die wesentlichen Merkmale und Eigenschaften der vom Käufer in den Warenkorb gepackten Ware(n) „unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt“ (nochmals) genannt werden müssen (vgl. § 312j Absatz 2 BGB).
Das bedeutet: Die wesentlichen Merkmale der Ware(n) müssen in klarer und verständlicher sowie hervorgehobener Weise auf der finalen Bestellseite dargestellt werden. Was zum Beispiel nicht ginge, wäre, dies in der Artikelbeschreibung selbst oder im Warenkorb zu tun, auch eine Verlinkung auf eine „Übersichtsseite“ hilft nicht weiter.

B. Und was hat das nun mit Amazon zu tun?
Antwort: Die Wettbewerbszentrale, ein Verbraucherschutzverein, und das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).
Die Wettbewerbszentrale bemängelte die finale Bestellseite Amazons und war der Meinung, dass diese nicht den Vorgaben der „Button-Lösung“ entsprach. Sie mahnte über ihre Juristen daraufhin Amazon kurzerhand ab. Amazon wies die Abmahnung als unbegründet zurück. Die Wettbewerbszentrale erhob daraufhin Klage vor dem Landgericht München.
Das LG München LG München bestätigte mit Urteil vom 04.04.2018 (Az.: 33 O 9318/17) die rechtliche Einschätzung der Wettbewerbszentrale und verurteilte Amazon, es zu unterlassen, im Onlineshop Sonnenschirme und/oder Bekleidungsstücke anzubieten, ohne auf der Internetseite, auf welcher der Verbraucher sein Angebot zum Abschluss des Kaufvertrages durch Anklicken des Bestellbuttons abgeben kann (Bestellabschlussseite) die wesentlichen Merkmale der zu bestellenden Ware anzugeben.

Wie bereits gesagt, muss die Nennung der wesentlichen Merkmale der sich im Warenkorb befindlichen Artikel „unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt“ erfolgen. Dies war auf der finalen Bestellseite nach Ansicht des Gerichts bei Amazon aber nicht der Fall. In den beanstandeten Fällen (Sonnenschirm und Damenkleid) waren auf der finalen Bestellseite zum Schirm nur Preis und Größe angezeigt, nicht aber etwa auch Material es Bezugstoffes oder das Gewicht. Beim Kleid fehlten auf der finalen Bestellseite Angaben etwa zu Faserzusammensetzung und die Pflegehinweise.

Amazons akzeptierte das Urteil nicht und ging in Berufung.

Die Ansicht des OLG München
Auch das nun zuständige OLG München urteilte am 31.01.2019, dass Amazons finale Bestellseite rechtswidrig ist. Dabei erteilte das OLG der Auffassung Amazons, dass eine Nennung der wesentlichen Merkmale mittels einer Verlinkung auf der finalen Bestellseite erfolgen könnte, eine klare Absage. Denn in einem solchen Fall der Verlinkung müsse der Verbraucher die finale Bestellseite verlassen und könne dabei Gefahr laufen, dass hierbei Abweichungen und Manipulationen vorgenommen würden, die er anderenfalls wohl leichter hätte erkennen können. Damit hat die finale Bestellseite Amazons nach Ansicht beider Instanzen gerade nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Darstellung der wesentlichen Merkmale der zu bestellenden Waren genügt.

Man darf wohl erwarten, dass Amazon Revision beim Bundesgerichtshof einlegen wird. Denn anderenfalls muss Amazon die finale Bestellseite stark überarbeiten und anpassen. Und das müssten wohl auch ein Großteil der anderen Onlineshops in Deutschland. Denn so lange der BGH nicht (anders) entschieden hat, ist das Urteil des OLG zu beachten. Dass der BGH jedoch anders entscheiden würde bzw. wird, ist alles andere als sicher. Und bis es soweit ist, kann noch einige Zeit vergehen.

OLG-Urteil Urteil betrifft alle Amazon-Verkäufer
Zwar wirkt das Urteil des OLG München direkt nur gegenüber Amazon. Aber nun ist jeder Amazon-Verkäufer, der den Amazon-Marketplace nutzt und dabei den von Amazon vorgegebenen Check-Out nutzt, Verwender einer wettbewerbswidrigen finalen Bestellseite und damit selbst angreifbar, verhält er sich doch ebenfalls wettbewerbswidrig. Ein Amazon-Verkäufer muss verstehen, dass die Argumentation, dass dieser technische Ablauf vom Amazon-Händler selbst gar nicht beeinflusst werden kann, ihm nicht weiterhilft. Denn ein Wettbewerbsverstoß setzt kein Verschulden voraus, d. h. es kommt nicht darauf an, dass man etwa als kleiner Verkäufer keinen Einfluss auf die Gestaltung des Amazon-Shopsystems hätte oder dass man das Urteil gar nicht kannte.

Aber nicht nur bei Amazon, auch bei eBay und im eigenen Onlineshop ist das Urteil zu beachten. Die aktuelle Entwicklung dürfte deshalb eine Vielzahl von (kleineren) Onlinehändlern berühren. Denn auch bei eBay ist die Situation problematisch, etwa wenn dort eine Bestellung via Warenkorb erfolgt. Auch Händler mit eigenem Onlineshop müssen die genannten Vorgaben natürlich einhalten. Ob das eigene Shopsystem diese einhält, sollte nun jeder Händler selbst überprüfen bzw. prüfen lassen.

Was sollten Onlinehändler nun tun?
Ruhe bewahren. Aber auch nicht nichts tun. Denn das Urteil des OLG München könnte sich zu einem echten Problem für nicht wenige Onlinehändler entwickeln. Bereits seit Sommer 2012 gelten die verschärften formalen Anforderungen an die letzte Bestellseite. Allerdings wurden diesbezüglich fast keine Beanstandungen bekannt, man flog also bisher „unter dem Radar. Das könnte sich nun ändern. Was „wesentliche Merkmale einer Ware“ sind, dürfte nun in Zukunft den Online-Handel und die Gerichte weiter beschäftigen, denn leider gibt es keine gesetzliche Definition, die für Klarheit sorgen könnte.

Daher der Rat an Online-Händler, auf der finalen Bestellseite möglichst viele Merkmale der Ware aufzuführen. Denn es dürfte nicht schaden, ein weniger wesentliches bzw. unwesentliches Merkmal ebenfalls anzugeben, während das Weglassen eines wesentlichen Merkmals unweigerlich zum Wettbewerbsverstoß führt. Es dürfte gelten: Lieber zu viel als zu wenig.
Das betrifft es vor allem die technische Umsetzung der Darstellung im eigenen Shop. Auf fremde Verkaufsplattformen kann ein Händler in der Regel gar nicht oder nur sehr begrenzt Einfluss nehmen – bei Amazon teilt er im Zweifel das Schicksal Amazons. Im eigenen Onlineshop dürfte es in der Regel einfacher sein, hier für rechtlich einwandfreie Umsetzung zu sorgen bzw. durch Neuprogrammierung der finalen Bestellseite für Abhilfe zu sorgen. Allerdings bietet nicht jedes Shopsystem entsprechende Möglichkeiten, die wesentlichen Merkmale auf der finalen Bestellseite selbst (vollständig) darzustellen. Hier sollte der Händler auf den Shopsystem-Entwickler zugehen, damit dieser tätig wird.

Eine weitere Möglichkeit könnte im Fall sehr komplexer wesentlicher Merkmale eventuell noch eine Darstellung mittels eines Popups sein, bei dem die darzustellenden Merkmale in hervorgehobener Weise überlagernd angezeigt werden, sobald der Verbraucher auf einen entsprechenden klaren Hinweis, wie etwa „hier alle wesentlichen Merkmale ansehen“ klickt. Ob die Gerichte das dann aber akzeptieren, wird sicherlich die Zukunft zeigen, sicher ist aber auch dies momentan nicht.

Fazit
Man kann manchmal nur den Kopf schütteln und sich fragen, ob der Gesetzgeber den Verbraucher per se für ein wenig bis gar nicht informiertes Individuum hält, dem bei jeder Gelegenheit „die Hand gehalten werden muss“. Wer ein Onlinehändler ist, der stöhnt regelmäßig über kaum mehr umsetzbare Informations- und Hinweispflichten. Dem OLG allerdings insofern hier die Hände gebunden gewesen, es muss eben auch ein praxisfremdes Gesetz anwenden. Die Vorschrift des § 312j BGB geht dabei auf EU-Recht zurück, das die Voraussetzungen ähnlich streng formuliert. Vor diesem Hintergrund wäre eine Vorlage an den EuGH wünschenswert gewesen. Dass der EuGH die Richtlinie ähnlich eng auslegt wie das OLG München, ist wahrscheinlich, aber nicht in Stein gemeißelt.
Dass das nun nicht geschehen ist, ist schade. Einstweilen müssen deshalb nun alle mit dem Urteil des OLG München leben.

Cathy Hummels darf Schuhe nicht unter ihrem Namen vertreiben

Cathy Hummels, Ehefrau des Fußballnationalspielers und FC Bayern München Verteidigers Mats Hummel, ist auch bekannt als Influencerin und seit neuestem auch als Designerin, allerdings hauptsächlich durch einen Rechtstreit um Namen und Markenrechte. Der Reihe nach. Cathy Hummels verkaufte eine Schuhkollektion mit dem Schriftzug „Hummels“. Hierdurch fühlte sich der dänische Sportartikelhersteller „Hummel“, der unter anderem auch für seine Sportschuhe bundes- und europaweit bekannt ist, in seinen Rechten verletzt und beantragte beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung. Die Firma aus Dänemark warf der Spielerfrau eine Markenverletzung vor mit der Begründung: Hummel und Hummels – das klinge einfach zu ähnlich. Es wurde daraufhin Cathy Hummels verboten, Schuhe mit dem Schriftzug „Hummels“ zu vertreiben. Ihr Anwalt, C.- O. M., sagte dazu: „Die Benutzung ihres Familiennamens kann im Übrigen auch die Firma Hummel unserer Mandantin nicht verbieten“ Spiegel-Online berichtete. Ob das so stimmt?

Namen sind nicht immer nur Namen
Was macht den Namen zur Marke und was unterscheidet die Marke vom Namen? Das sogenannte Namensrecht findet sich in § 12 BGB. Hiernach kann sich der Inhaber eines Namens gegen andere Personen zur Wehr setzen, die ihm nicht gestatten wollen, seinen Namen zu gebrauchen, oder die seinen Namen unbefugt benutzen. § 12 BGB findet dabei sowohl auf bürgerliche Namen Anwendung, wie etwa auf den von Cathy Hummels, als auch auf Firmennamen, wie z.B. den der dänischen Firma Hummel.
Allerdings stehen sich hier nicht bloß einfach zwei Namen gegenüber. Denn die Firma Hummel hat sich ihren Namen gleichzeitig auch als Marke schützen lassen. Marken sind gemäß der Definition in § 3 Markengesetz (MarkenG) Zeichen, die dazu dienen, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Anders als beim Namen im Sinne des BGB entsteht der Markenschutz allerdings im Normalfall erst durch Eintragung beim zuständigen Markenamt, beispielsweise beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) oder dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO).

Wenn das Markenrecht anwendbar ist, wird das reine Namensrecht des BGB verdrängt. Das ist wichtig zu wissen, denn für den Bereich der Kennzeichen, die im geschäftlichen Verkehr benutzt werden, schafft das Markenrecht eine speziellere Regelung, die allgemeinen Regelungen wie dem Namensrecht vorgeht. Das musste auch das LG Hamburg bei seiner Entscheidung berücksichtigen.
Sobald eine Marke für bestimmte Arten von Produkten oder Dienstleistungen eingetragen ist und nach einer gewissen Schonfrist auch entsprechend genutzt wird, dürfen Mitbewerber das entsprechende Kennzeichen und auch ähnliche Kennzeichen grundsätzlich nicht mehr für gleiche oder ähnliche Produkte oder Dienstleistungen verwenden.

Und Hummel und Hummels?
Wenn es um das Geschäft geht, hilft auch der eigene Name im Zweifel nicht viel – jedenfalls nicht gegen eine allzu ähnliche Marke auf einem identischen Geschäftsfeld oder eine identische Marke auf einem allzu ähnlichen Geschäftsfeld. Die Frage, wann eine Marke einen Namen „schlägt“, beantwortet § 14 MarkenG. Diese Anspruchsgrundlage beinhaltet verschiedene Konstellationen, die einem Markeninhaber Unterlassungsansprüche gewähren, nämlich immer dann, wenn eine zu große Ähnlichkeit in Bezug auf eine Bezeichnung einerseits auf eine zu große Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen andererseits trifft.

Die auf den Sneakern angebrachte Bezeichnung „Hummels“ unterscheidet sich offenkundig nur in sehr geringem Maß von der eingetragenen Wortmarke „Hummel“, denn sie unterscheiden sich letztlich nur im Fehlen des letzten Buchstabens. Andererseits sind sowohl Frau Hummels als auch der Sportartikelhersteller im Geschäftsfeld des Handelns mit Schuhen tätig. Das wiederum bedeutet, dass ein Fall § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt, nämlich das Aufeinandertreffen zweier ähnlicher Zeichen auf identische Warengruppen. Das kann dazu führen, dass Verbraucher, auf deren Sichtweise es ankommt, beide Zeichen gedanklich miteinander in Verbindung bringen oder verwechseln. Dies muss der Inhaber der Marke nicht dulden, sondern berechtigt ihn, also die Firma Hummel, Unterlassung der Benutzung zu verlangen. Zwar kündige Cathy Hummels bei Instagram an, sie werde „kämpfen für ihren Namen, in dem nun mal die Hummel steckt“. Allerdings dürfte dieser Kampf hier wenig erfolgversprechend sein. Auch wenn die einstweilige Verfügung nur eine vorläufige Regelung des Streits darstellt, ist davon auszugehen, dass dieses Ergebnis auch mit Abschluss eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens bestätigt wird.

Daraus folgt, dass der eingangs erwähnte Satz des Rechtsanwaltes von Cathy Hummels, nämlich, dass niemand die Benutzung eines Familiennamens untersagen kann, so nicht richtig ist. Denn untersagt werden kann, ihn in einem bestimmten geschäftlichen Bereich oder für bestimmte Dinge zu verwenden. In diesem Sinne, Hummel, Hummel – Mors, Mors – wie der Hamburger so sagt.

LG Hamburg; Beschluss vom 16.08.2018 (Az.: 327 O 271/18)